Transformation in der Zeitenwende – Wie gezieltes Restrukturierungsmanagement Unternehmen zukunftsfähig macht

Die wirtschaftliche Großwetterlage ist rauer geworden und der Standort Deutschland steht massiv unter Druck. Globale Krisen, geopolitische Unsicherheiten, zunehmender Protektionismus, ESG-Vorgaben, disruptive Technologien und der Fachkräftemangel bringen Unternehmen quer durch alle Branchen immer häufiger in eine zum Teil existenzbedrohende Schieflage. In diesem Gastbeitrag berichtet Dr. Stefan Gros, CFO von Perform. Transform. Restructure., von seinen Erfahrungen aus 30 Jahren in der Restrukturierungspraxis.

Transformieren statt Scheitern ist das Gebot der Stunde. Viele altbewährte Geschäftsmodelle funktionieren in Anbetracht der aktuellen Wirtschaftslage nicht mehr. Vielmehr ist dies eine Zeit der Chancen für jene, die bereit sind, sich entschlossen und kompetent auf den Wandel einzulassen. Entscheidend für den Erfolg ist nicht allein das operative Know-how, sondern die konsequente Bereitschaft, grundlegende Veränderungsprozesse zuzulassen – strategisch durchdacht, systematisch gesteuert und professionell begleitet.

Klare Zielbilder statt operativer Flickschusterei

Restrukturierung ist kein Reparaturbetrieb. Sie beginnt mit der präzisen Analyse des strategischen Handlungsbedarfs – also der Frage: Wo will das Unternehmen hin und was steht ihm dabei im Weg? Erst wenn dieses Zielbild definiert ist, können die organisatorischen und kulturellen Transformationen folgen. Nach innen und nach außen. Hier geht es um Ursache-Wirkungs-Verständnis – nicht um das Kurieren von Symptomen.

Das erfordert eine Führungskultur, die Komplexität reduziert, Entscheidungen ermöglicht und Teams mitnimmt. Die Kunst besteht darin, nicht nur Projekte zu priorisieren, sondern Ressourcen konsequent dort zu bündeln, wo die Zukunft des Unternehmens aktiv mitgestaltet werden kann.

Zeitfaktor und Exzellenz: Erfolgsrezepte aus der Sanierungspraxis

Zwei Faktoren sind in jeder erfolgreichen Sanierung zentral:

  • Schnelligkeit und Konsequenz: In Restrukturierungssituationen sind Reaktionszeiten kritisch. Jede Woche zählt. Lähmende Entscheidungsprozesse sind toxisch.
  • Externe Experten: Sanierungen sind Ausnahmezustände, kein „daily business“. Nur ein externer Chief Restructuring Officer (CRO) mit einschlägiger Erfahrung, objektivem Blick und Führungskompetenz kann den Turnaround neutral und zielgerichtet orchestrieren.

Ein Praxisbeispiel zeigt, wie entscheidend ein professionelles CRO-Setup sein kann: Die geordnete Restrukturierung (Stop Bleeding) ermöglichte einen erfolgreichen M&A Prozess  – ohne Garantiezugriffe oder Vertragsstrafen –, weil ein erfahrenes CRO-Team binnen weniger Wochen Struktur, Projektmanagement und Kommunikation übernahm. Die Gründung einer „NewCo“, Verhandlung mit Banken und Übertragung von Verlustvorträgen wurden sauber und effizient umgesetzt. Der Nettosanierungseffekt lag bei über 150 Mio. Euro.

Vom Stillstand zum Turnaround: Case Study Mittelstand

In einem anderen Fall eines mittelständischen Konzerns mit massiver Performance-Schwäche führte erst die Berufung eines CRO zum Wendepunkt. Binnen weniger Tage wurde ein Sanierungsstillstand mit den Finanzierern ausgehandelt, innerhalb weniger Monate ein Maßnahmenpaket umgesetzt und eine neue Finanzierungsarchitektur etabliert. Ergebnis: Vertrauen wiederhergestellt, Transparenz gesichert, Refinanzierung strukturiert.

Was in beiden Fällen zum Erfolg führte, waren drei Dinge:

  • Handlungsschnelligkeit
  • ein klar strukturierter Maßnahmenplan
  • eine handverlesene CRO-Einsatzgruppe mit interdisziplinärer Erfahrung

Finanzierung neu denken: Liquiditätshebel im Transformationsprozess

In Restrukturierungsphasen ist Liquidität der Sauerstoff des Unternehmens. Doch herkömmliche Bankfinanzierungen stoßen oft an ihre Grenzen – insbesondere bei angespannten Bilanzkennzahlen oder heterogener Finanzierungsstruktur. Hier kommen – je nach der operativ (guten oder schlechten) Performance des Unternehmens – alternative Finanzierungslösungen und -strategien ins Spiel:

  • Sale & Lease Back: Diese strukturierte Form der Innenfinanzierung erlaubt es, gebundenes Vermögen – etwa Immobilien, Maschinen oder Fuhrpark – in Liquidität umzuwandeln, ohne operative Kontrolle zu verlieren. Richtig eingesetzt, dient Sale & Lease Back als Brücke zur Finanzierung der Transformation, ohne das Unternehmen bilanztechnisch zu überlasten.
  • Nordic Bonds: Für größere Mittelständler mit Kapitalmarktzugang bieten sich sogenannte Nordic Bonds – also Schuldverschreibungen unter skandinavischem Recht – als flexibles Finanzierungsinstrument an. Diese Anleiheform überzeugt durch schlankere Dokumentation, höhere Platzierungsgeschwindigkeit und weniger restriktive Covenants als klassische Schuldscheine oder Bankkredite. Voraussetzung ist allerdings eine professionelle Vorbereitung, eine transparente, zielgruppenspezifische und möglichst persönliche Kommunikation sowie ein erfahrenes Finanzteam.

Beide Modelle können in ein übergeordnetes Refinanzierungskonzept integriert werden und ermöglichen – insbesondere in der Kombination mit Factoring, Working Capital Optimierung oder stillen Beteiligungen – eine resilientere, zukunftsfähige Kapitalstruktur.

Der Mensch im Zentrum: Leadership in der Krise

Transformation ist kein Excel-Projekt. Junge Mitarbeiter, die nur Aufschwung erlebt haben, brauchen Orientierung. Ältere, erfahrene Führungskräfte wiederum müssen als Stabilitätsanker wirken. Aus meiner Praxiserfahrung weiß ich, wie essenziell es ist, Mitarbeiter in diesen Prozess aktiv einzubinden. Nicht nur rational, sondern auch emotional. Wer Wandel gestalten will, muss seine Visionen und Ziele kommunizieren, Vertrauen schaffen und Konflikte führen können.

Ein idealer CRO verbindet strategisches Gespür mit operativer Durchsetzungsstärke, gepaart mit Empathie, Entscheidungsfreude und Anpassungsfähigkeit. Nur so wird aus einem temporären Interimsmanagement ein nachhaltiges Transformationsinstrument.

Digitalisierung und Innovation als Hebel

Die Restrukturierung endet nicht mit der Bilanzsanierung. Zukunftsfähigkeit entsteht dort, wo Unternehmen bereit sind, Digitalisierung als Effizienz- und Marktinstrument zu nutzen. Ob digitale Preisschilder im Handel oder datengetriebene Innovationsprozesse in der Automobilzulieferindustrie – wer die Chancen neuer Technologien nicht nutzt, verliert den Anschluss.

Die Märkte belohnen nicht die Größten, sondern die Anpassungsfähigsten.

Fazit:

Restrukturierung heute bedeutet mehr als nur Sanierung. Sie ist ein Führungsauftrag auf Zeit – mit Weitblick, Mut und klarem Plan. Interim-Executives auf C-Level sind dabei keine Notlösung, sondern strategisches Instrument der Zukunftsgestaltung. Ein wirkungsvoller CRO hat dabei ein, möglichst langfristiges und erfolgsorientiertes Mandat, dass bis zu 3 Jahre dauern kann. Gerade im Mittelstand wird so die Schlagkraft sichergestellt. Der CRO wird zum Lotsen im Sturm. Mit Kurs auf eine resilientere und innovationsstarke Organisation sowie die Stabilisierung des Unternehmens.

Illustration: iStock/Sharamand

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